Während meiner Ausbildung zum Lithografen wurde ich unter anderem auch an die Fotografie herangeführt. Dabei fesselten mich die Poiniere der Fotokunst wie Nipce, Talbot oder Daguerre von Anfang an. Zunächst war mir nicht bewusst, weshalb ich die technisch noch unvollkommenen Bilder aus den Anfängen der Fotografie den perfekten Bildern unserer Tage vorzog. Heute weiß ich, dass es gerade diese Unvollkommenheit ist, die unsere Fantasie beflügeln kann.
Verwacklungseffekte, Unschärfen, Über- oder Unterbelichtungen, chromatische Aberrationen oder auch das Bildrauschen sind in der klassischen Fotografie ein absolutes NoGo. Ich glaube allerdings, dass all diese Effekte die fotografischen Möglichkeiten erweitern, den Betrachter aktiv mit seiner Fantasie am Bild beteiligen und die künstlerische Fotografie auf eine neue Ebene heben können.
Doch was fasziniert uns an der Fotografie eigentlich so? Wir sind ja heute mit unseren Smartphones jederzeit in der Lage, Bilder zu machen. Der Selfie-Wahn begegnet uns überall. Ich glaube, das es uns drängt, unser Leben zu dokumentieren. Wir wollen Erlebnisse festhalten, um uns später daran zu erinnern. Aber jeder, der schon einmal alte Urlaubsfotos durchgeschaut hat, wird erkennen, dass genau das nur bedingt funktioniert. Denn Erlebnisse nehmen wir mit all unseren Sinnen auf - wir sehen, hören, riechen und schmecken dabei. All das beeinflusst unsere Wahrnehmung. Ein Foto kann aber immer nur den visuellen Eindruck festhalten und wird so dem unmittelbaren Erlebnis natürlich nicht gerecht. . Hier nun setze ich mit meinen Bildern an. Wie ein Maler versuche ich nicht, Bestehendes abzubilden, sondern etwas Neues zu gestalten. Zusätzlich zu den oben genannten Bildeffekten binde ich Elemente der Farbsymbolik mit ein und überlagere dann mehrere Bilder, die ursächlich nichts miteinander gemein haben, in Form einer Collage. So verdichte ich mehrere Ereignisse zu einem neuen Erlebnis. Der Betrachter ist eingeladen, sich dem Werk ohne Vorgaben mit seiner individuellen Emotionalität zu öffnen.
Was mir Kunst bedeutet: Für mich ist Kunst ein permanenter und sich stetig erneuernder Prozess, der nicht nach der Fertigstellung eines Werkes endet, sondern im Gegenteil erst danach beginnt.
Kunst lebt von der Interaktion.
Erst wenn es einem Werk gelingt, den Betrachter zu berühren, wird Handwerk zur Kunst. Diese Berührung muß nicht zwangsläufig positiv sein - man kann es lieben oder hassen. Sollte es zwischen Betrachter und Werk aber nicht zu einem Austausch kommen, gibt es auch keine künstlerische Qualität.
Ich kann nicht beurteilen, ob ich meinen künstlerischen Maximen mit den eigenen Arbeiten gerecht werde. Ich glaube allerdings, dass eine Interaktion nur stattfinden kann, wenn sich der Künstler in seinem Werk bemüht, authentisch zu sein. Dazu gehört die Gabe der kritischen Selbstreflexion.
Mein Bestreben ist es, auf Fragen wie: „wer bin ich - was ist mir wichtig - und wie kann ich es in meiner künstlerischen Sprache umsetzen“, Antworten zu finden und diese mit dem Betrachter zu teilen. Es wäre mir eine große Freude, wenn mir das mit dem einen oder anderen Bild gelingen würde.